Ganztagsschulen in Bayern: Neue Ansätze zur Konfliktlösung in Klassenräumen

Bayerischer Schulleiter beschreibt die für ihn „schlimmste Form der Schule“

In einem aktuellen Interview beschreibt Helmut Klemm, der Schulleiter der Eichendorffschule in Erlangen, die Herausforderungen und Probleme, die er mit dem dualen Schulsystem hat, insbesondere im Hinblick auf Halbtagsschulen. Er argumentiert, dass eine strenge Trennung zwischen Unterrichts- und Freizeitaktivitäten nicht nur die Bildungserfahrungen der Schülerinnen und Schüler beeinträchtigt, sondern auch ihre sozialen und emotionalen Fähigkeiten. Klemm betont, dass Konflikte und Gewalt an Schulen ein weit verbreitetes Problem sind, das an Ganztagsschulen besser adressiert werden kann, da hier mehr Zeit für die Konfliktlösung vorhanden ist.

Klemm kritisiert die traditionelle Sichtweise der Halbtagsschulen, in der die Erziehung oft reaktiv und wahrnehmend als eine Form der klassischen Konditionierung erfolgt. Kinder, die gegen Verhaltensregeln verstoßen, erhalten oft sofortige Sanktionen, was seiner Meinung nach die Kinder eher als Objekte behandelt und nicht als Menschen mit eigenen Sorgen und Bedürfnissen. Dies steht im starken Kontrast zu dem, was er für die ideale Schulform hält: eine Ganztagsschule.

Die Vorteile der Ganztagsschule

Ein zentrales Anliegen Klemms ist die Förderung einer Bildungsgerechtigkeit, die an offenen Ganztagsschulen oft nicht gegeben ist. Zwar ermöglichen solche Schulen eine gewisse Flexibilität, doch misslingen dabei vielfach die Bemühungen, Bildungsbenachteiligungen auszugleichen. Klemms Schule ist als „voll gebundene Ganztagsschule“ organisiert, was bedeutet, dass die Schüler verpflichtend an den Angeboten teilnehmen müssen. Diese Struktur ermöglicht eine umfassendere Integration von Lern- und Freizeitaktivitäten, die für die persönliche Entwicklung der Kinder von entscheidender Bedeutung sind.

Klemm argumentiert, dass Schule mehr sein sollte als nur eine Plattform für die Wissensvermittlung. Sie sollte ein Ort sein, an dem gemeinsames Lernen und Leben gefördert werden. Es sei wichtig, die Schüler nicht nur akademisch zu fordern, sondern auch soziale Fähigkeiten und ein Gemeinschaftsgefühl zu entwickeln. International betrachtet, wird in Ländern wie Kanada Ganztagsbildung als selbstverständlich angesehen, während in Deutschland häufig noch traditionellen Strukturen festgehalten wird.

Fazit und Ausblick

Die Ansichten von Helmut Klemm über das Schulsystem unterstreichen eine wachsende Diskussion über die Notwendigkeit einer Reform im deutschen Bildungssystem. Der Ruf nach einer stärkeren Integration von Lern- und Lebensräumen in Schulen wird zunehmend lauter, um nicht nur das akademische Lernen zu fördern, sondern auch die sozialen und emotionalen Bedürfnisse der Kinder zu berücksichtigen. Klemms Idee einer Ganztagsbildung könnte möglicherweise die Grundlage für eine zukunftsfähigere Schulstruktur in Deutschland darstellen.

Details
Quellen